Hypofraktionierung: die Grenzen der MLC-Leistungsfähigkeit verschieben
Eine deutsche F&E- Zusammenarbeit verfolgt einen ehrgeizigen Entwicklungsplan zur Realisierung eines Multilamellenkollimators (MLC) der nächsten Generation
Der klinische Vorteil der hypofraktionierten Strahlentherapie ist seit einiger Zeit erwiesen: Krebspatienten profitieren von einer erhöhten Dosis pro Fraktion, sodass sie ihre Strahlentherapie viel schneller abschließen können als es mit konventionellen Behandlungen möglich ist – und das genauso sicher und effektiv. Das bedeutet weniger Krankenhausbesuche, eine schnellere Rückkehr zur Familie und, bei manchen Indikationen, bessere Behandlungsmöglichkeiten und Ergebnisse. Genauso überzeugend ist die damit verbundene langfristige Chance für Anbieter im Gesundheitswesen: eine erhöhte Dosis pro Fraktion (und weniger Fraktionen) ermöglicht wesentlich effizientere Arbeitsabläufe, niedrigere Behandlungskosten und, letztendlich, einen höheren Patientendurchsatz – was vor dem Hintergrund der weltweit steigenden Krebsdiagnosen und der durch die Corona-Pandemie verursachten Krise noch attraktiver erscheint.
Im Moment jedoch stehen Hersteller in der Strahlentherapie und die Akteure der weiteren Lieferkette vor der Herausforderung, die grundlegenden Technologien und Behandlungsprotokolle zu entwickeln, die diese klinischen und wirtschaftlichen Ergebnisse in großem Maßstab realisieren können. Zunächst braucht das Radioonkologie-Team die Fähigkeit, die Genauigkeit und Präzision im Submillimeterbereich während der gesamten Behandlung aufrechtzuerhalten – bei der Identifizierung des Zielpunktes im Körper; bei der automatischen Erkennung, Nachverfolgung und Korrektur von Bewegungen des Zieles (z.B. aufgrund von Atmung und Peristaltik); und bei der genauen Neuausrichtung des Strahls in Echtzeit zur Unterstützung der klinischen Anwendung mit geringeren Sicherheitssäumen, um die Nebenwirkungen der Behandlung zu reduzieren.
Vor diesem Hintergrund zielt eine deutsche F&E-Initiative darauf ab, einen „neuen Goldstandard“ in der Leistungsfähigkeit sogenannter Multilamellen-Kollimatoren zu schaffen, die eine Kernkomponente von Linearbeschleunigern für die Strahlentherapie sind und bei innovativen Krebsbehandlungen wie der Hypofraktionierung und der Ultra-Hypofraktionierung eingesetzt werden. Das von Industrie und Hochschule getragene Kooperationsprojekt, das dieses Jahr die Unterstützung der Bayerischen Landesregierung erhalten hat, wird vom Laser- und Strahlentherapie-QA-Spezialist LAP und dem Institut für Medizintechnik der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden gebildet. Ihr Ziel: eine Antriebs- und Steuereinheit der nächsten Generation mit einer enormen Verbesserung der Geschwindigkeit und Genauigkeit des MLC-Subsystems – und konkret die Anordnung der typischerweise zwischen 120 und 160 unabhängig voneinander kontrollierten Wolfram-Lamellen, die zur Strahlformung und Intensitätsmodulierung eingesetzt werden, während das Tumorvolumen bestrahlt wird.
Innovation trifft Pragmatismus
Das kommerzielle Gebot für die Entwicklung von MLCs ist eine Mischung aus technologischen Entwicklungen und Marktbedarf, sagt Stefan Ueltzhöffer, Leiter des MLC- und Strahlentherapie-QA-Bereiches bei LAP. „Wir beobachten den Markt sehr genau,” erklärt er, “und halten einen kontinuierlichen Dialog mit den Akteuren der Strahlentherapie-Wertschöpfungskette, den klinischen Anwendern und unseren akademischen Partnern. Aus diesen Gesprächen geht klar hervor, dass aufstrebende Behandlungsmodalitäten wie die Hypofraktionierung und die MR-geführte Strahlentherapie (MR/RT) von MLC-Innovationen profitieren können und sich so Zulieferern wie uns die Gelegenheit bietet, neue Standards in der MLC-Leistungsfähigkeit zu setzen.”
„Aus kommerzieller und klinischer Sicht brauchen wir MLCs, die stabiler, gebrauchstauglicher und leichter herzustellen sind.“
Vor diesem Ausgangspunkt, argumentiert Ueltzhöffer, liegen dem Entwicklungsplan der MLC-Produktlinie von LAP zwei Fragen zugrunde. Erstens, wie adressiert LAP die sich entwickelnden Bedürfnisse seiner Kunden (die Hersteller von Strahlentherapiegeräten) und die der Anwender (die Strahlentherapie-Kliniken)? Zweitens, wie soll die Differenzierung des MLC-Angebots aussehen, um LAP Wachstum im Markt gegenüber der Konkurrenz zu ermöglichen? Wie es aussieht, liegt die Antwort in einem MLC der nächsten Generation, der die Ergebnisse verschiedener interner Entwicklungsprojekte mit den Bemühungen der jüngsten Zusammenarbeit mit der OTH zusammenführen wird. „Schließlich,” fügt Ueltzhöffer hinzu, “glaube ich, dass wir nach den ziemlich inkrementellen Änderungen in der Technologie im Laufe der letzten 20 Jahre über ein Vielfaches an Verbesserungen in Bezug auf die Geschwindigkeit und die Präzision von MLCs sprechen werden.”
Jedoch, während LAP deutlich auf einen sprunghaften Durchbruch in der Leistungsfähigkeit von MLCs drängt, steht auch fest, dass alle Weiterentwicklungen strikten Kosten/Leistungskriterien standhalten müssen. “Pragmatismus ist der Schlüssel – der MLC ist nicht mehr ein Spielzeug nur für Physiker,” bemerkt Ueltzhöffer. „Aus kommerzieller und klinischer Sicht brauchen wir MLCs, die stabiler, einfacher zu warten und leichter herzustellen sind.“ Die Innovationen, die wir evaluieren, werden als solche die Leistung verstärken, ohne den beachtlichen Fortschritt aufzuopfern, der im Laufe des letzten Jahrzehnts in Bezug auf Kosten und maschinelle Bearbeitbarkeit erzielt wurde.”
Stärken nutzen
Wenn das der kommerzielle Kontext ist, was ist mit dem bisherigen technischen Fortschritt? Laut Ueltzhöffer wird gerade an mehreren fortschrittlichen MLC-Technologien gearbeitet, die bei LAP bereits erfolgreich in Demonstratoren umgesetzt wurden. Ein besonderer Schwerpunkt ist momentan der MLC-Antrieb, bei dem durch einen vereinfachten Aufbau signifikante Ergebnisse in Bezug auf die Reduzierung von Größe, Gewicht und die integrierte MR-Kompatibilität (zur Minimierung des Abschirmungsbedarfs in MR/RT Behandlungssystemen) erwartet werden.
“Der MLC-Antrieb war immer ziemlich beschwerlich in Bezug auf die Größe der Motoren und der zugehörigen Sensoren,”, sagt Ueltzhöffer. „In diesem Sinne sind wir auf der Suche nach leichter zu integrierenden Modulen, die zu einem wesentlich höheren Freiheitsgrad bei der Gestaltung des MLC führen könnten – und es vielleicht sogar ermöglichen könnten, manche Übertragungsmechanismen loszuwerden.”
Ein weiterer Entwicklungspfad betrifft die Bewertung des Einsatzes laserbasierter Sensoren zur optischen Kodierung und Nachverfolgung der MLC-Lamellen – was traditionell eine Schwachstelle der heutigen MLC-Konzepte darstellt, die zur Erfüllung dieser Aufgabe auf Kameras, andere optische Sensoren oder Potentiometer setzen. “Das ist ein Kinderspiel,” sagt Ueltzhöffer. “Wir ziehen verschiedene Lasertechnologien und Fachbereichswissen aus der LAP-Gruppe zur Unterstützung unseres MLC-Innovationsprogramms heran.”
Wenn das Ziel der Technologie klar ist – eine neue Generation von MLCs und ein „großer Sprung nach vorne“ bei den Fähigkeiten – erscheint das kommerzielle Ergebnis reibungsloser und ausgewogener. Einerseits beabsichtigt LAP, seinen Marktanteil durch die Lieferung gebrauchsfertiger MLC-Einheiten für Hersteller zur erhöhen, die diese direkt in ihre Strahlungstherapiegeräte integrieren können. Ebenso plant Ueltzhöffer auch MLC-Schlüsseltechnologien – zum Beispiel, Antriebe, Sensoren und Steuergeräte – für jene Hersteller zu lizenzieren, die es vorziehen, ihre eigenen MLC zu bauen.
“Weiter gefasst,” schließt Ueltzhöffer ab, “bleibt LAP weiter fokussiert auf die Lieferung grundlegender Technologien für die Strahlentherapie der nächsten Generation – insbesondere bei neuen Modalitäten wie der Hypofraktionierung und MR/RT – durch die kontinuierliche Innovation in den gesamten Produktlinien für MLC-, QA- und Laserpositionierung.”